Aktion 17. Juni 2023

EHRfurcht e. V. – Ein Besuch mit Tiefenwirkung

von Veteranenkultur e.V. Cäci Breithecker

Als Ehrenvorsitzende hat man im Vergleich zum geschäftsführenden Vorstand die Zeit, sich auch den angenehmen Dingen zu widmen. Auf meiner Reise durch den wunderschönen Osten unseres Landes führte mein Weg nach dem Marsch der Wertschätzung in Erfurt natürlich auch zum Verein EHRfurcht nach Brandenburg.

Mehrmals verschoben konnte ich endlich Mojca und Matthias Dommes sowie die ganze vierbeinige Rasselbande kennenlernen. Das Mojca und Matthias zwei besondere Menschen sind, welche für ihre Tiere brennen, das wusste ich ja bereits, und auch, dass ihr Verein EHRfurcht traumatisierten Menschen tiergestützte Aktivitäten als Rehaansatz ermöglicht, war mir nicht fremd. Aber wie sieht die Lage vor Ort aus?

Gleich zu Beginn fiel mit auf, wie schön ihr Hof gelegen ist. Sehr ruhig, ohne Durchgangsverkehr und nervigen Autobahngeräuschen aus der Ferne, umringt von Weiden mit grasenden Pferden, schattigen Kiefernwäldern und nur die Windräder in der Ferne erinnern an unsere hektische Welt.

Dieser Ort hat eine beruhigende Wirkung und so fand ich mich innerhalb kürzester Zeit tiefenentspannt mit Mojca und Matthias auf der Veranda sitzen. Mein Bauchgefühl, welches ich von Anfang an hatte, bestätigte sich: zwei weitere Regenbogenfische im Haifischbecken.

Mojca und Matthias sind selber betroffen und kennen die Thematik aus ihrem eigenen Alltag im Umgang mit dem Trauma. Eine posttraumatische Belastungsstörung ist nicht nur für den Betroffenen eine große Herausforderung, auch die Familie leidet unter den Folgen der Ereignisse aus ihrem Einsatz oder Dienstalltag und hier ganz besonders die Kinder und Jugendlichen.

Mojca hatte schon seit Kindertagen ein intensives Verhältnis zu Tieren und ganz besonders zu den Ungewollten. So ist es auch keine Überraschung, dass auf diesem Hof auch jede Menge NotFelle landen, welche hier fürsorglich und bedürfnisorientiert wieder ins Leben finden. Auch Matthias mit seiner PTBS, war voller Ängste, Albträume und Flashbacks als er vor Jahren Mojca traf und sich mit Unterstützung der Tiere seinen Weg zurück ins Leben kämpfte.

Pferde sind sensibel, besitzen feine Antennen und kommunizieren auf ihre eigene nonverbale Weise. Im Alltag tragen wir oft Masken, um unseren tatsächlichen Ist-Zustand vor dem Umfeld, aber auch uns selber zu verbergen. Unangenehmes versuchen wir zu Verdrängen und der Kontakt zu den eigenen Emotionen wird umgangen. Pferde nehmen unsere Spannungsfelder ungefiltert wahr und zeigen uns durch ihr Verhalten und Körpersprache, an welchem Punkt wir uns gerade befinden. Sie fordern uns auf, die Masken abzulegen und und wieder in Kontakt mit uns selbst zu treten.

Menschen, welche ihren Weg zum Projekt EHRfurcht finden, werden in diesen Prozessen durch Fachpersonal aus verschiedenen Bereichen begleitet. Was Traumatisierte sehr oft umtreibt, ist das Gefühl der Wertlosigkeit und eine Last für andere zu sein. Hier greift eine weitere Komponente der tiergestützten Aktivitäten von EHRfurcht, das Arbeiten mit Holz. Von der Gruppe, welche zu einem Team zusammenwachsen muss, werden Konzentration, Kraft und Anstrengung gefordert.

Gemeinsam und unter Anleitung eines Försters und mit Unterstützung von Zugpferden fällen, transportieren und sägen die Menschen die Bäume/ Stämme und schöpfen im weiteren Verlauf ihre eigenen Objekte, in welche der einzelne Teilnehmer es auch immer umwandeln möchte. Dieses gemeinsame und individuelle Arbeiten schenkt den Betroffenen Selbstvertrauen und ein Selbstwertgefühl.

Natürlich stellten die beiden mir auch ihre Fellis und das Arbeiten mit ihnen in der Praxis vor. Es war sehr interessant zu sehen, wie die Pferde mir begegneten, auf mich reagierten und was es bedeutete. Bis dato kannte ich das Spiegeln nur von meinem Hund. Anscheinend war es nicht so schlimm, denn es blieb ausreichend Zeit zum Kraulen und Befühlen, was für mich auch noch mal eine wunderschöne Erfahrung war. Allein die Begegnung und der Kontakt mit den Tieren hatte eine sehr beruhigende Wirkung und berührte mich auf einer tieferen Ebene.

Mojca führte mir vor, dass man ohne viel Worte und nur mit der Körpersprache ein Pferd bewegen kann und animierte mich dazu, es mal mit Indigo zu versuchen. Ok, eher zögerlich, weil voller Respekt vor diesem anmutigen Riesen versuchte ich dann mein Glück. Am Ende ging sogar eine Runde im Trab 🙂 .

Als ich abends voller Dankbarkeit in der Hängematte lag und dachte Herr, das kann man nicht toppen, legten sich Zimtschnecke und Landfee ganz in meine Nähe zum Schlafen nieder. In dieser Nacht konnte ich seit Langem mal wieder tief und ohne schräge Träume schlafen.

Mojca und Matthias möchte ich für ihre unglaubliche Gastfreundschaft danken, den Tieren für die kostbaren Momente und ihr Vertrauen, welches ich erleben durfte und Andreas Wichmann, missing you buddy :(, dass er uns zusammengeführt hat.

Während ich am nächsten Morgen abreiste, wünschte ich, ich hätte länger verweilen können.

In tiefer Dankbarkeit

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