Allgemein, Thematik 20. Juni 2019

Die Diskussion über: „Wer es mehr verdient hat, ein Veteran zu sein“

von Detlef F.

Guten Morgen! Mein Name ist Detlef, bin Berufssoldat (45), im 24. Dienstjahr und war mit mehreren hundert Einsatztagen, überwiegend im Rahmen von ISAF, im Ausland eingesetzt.

Aktuell, nach der Veröffentlichung über die Herausgabe des Veteranenabzeichens, wurde die Diskussion zum Thema „Veteran“, in den Medien und sozialen Netzwerken, wieder anfacht.  Es ist gut, dass wir aktive und ehemaligen Soldaten öffentlich darüber diskutieren. Jedoch wie wir diese Diskussion führen, finde ich persönlich nicht gut und schadet letztendlich auch dem Wunsch, nach Anerkennung und Respekt, von seiten der Zivilbevölkerung.

Das ganze Drehen um die Definition Veteran, wer sich so nennen darf, wem diese Auszeichnung zusteht und welche Voraussetzungen dafür erfüllt werden sollten, hinterlassen nicht nur bei mir einen komischen Geschmack.


Es gibt keine Veteranen zweiter Klasse für mich wozu diese Diskussion?

Dieses Kompetenzgerangel, zwischen den einzelnen Teilstreitkräften und Truppengattungen, wer ist die  härtere und welche die  minderwertigere, führt uns nicht zum Ziel. Wir stellen unsere persönlichen Meinungen in den Vordergrund. Wir reden über Voraussetzungen welche erfüllt sein müssen, um als Veteran zu gelten. Es kommen Argumente wie z.B. Gefechtssituationen, Verwundungen oder das Verlieren von Kameraden im Einsatz als Bedingung auf. Damit werten wir aber die restlichen unserer Kameraden ab, welche ihren Dienst, ehrenvoll im Einsatz oder auch in der Heimat, verrichtet haben. Die Leistungen des z.B. Technikers, welcher an der Transall dafür sorgt, dass wir heil aus dem Einsatz wieder in unsere Heimat fliegen können, ist genauso viel wert.

Eine differenzierte Benennung für Soldaten mit und ohne Einsatzerfahrung ist wichtig

… wie z.b. nach amerikanischem Vorbild,  Veteran und Combat Veteran. Für alle anderen besonderen Leistungen gibt es bereits, Einsatzmedaillien oder die Auszeichnungen für Gefechtshandlungen, die das würdigen. 2003, in den Anfängen des Afghanistan Einsatzes war ich, wie viele meiner Kameraden dabei und habe die Entwicklung in diesem Land bis 2013 immer wieder vor Ort miterleben dürfen. Wir haben damals auch Kameraden verloren, Dreck gefressen und mussten uns verteidigen.  TIC Zettel gab es damals keine und einige von uns, werden das Erlebte niemals vergessen. Aber was unterscheidet mich, von dem Kameraden der im Camp, in der Betreuungseinrichtungen war und der dafür gesorgt hat, dass ich etwas abschalten konnte?

Nichts, rein gar nichts!

Wir waren Soldaten im Einsatz, mit unterschiedlichen Aufgaben und jeder war verdammt nochmal wichtig. Wir hatten etwas, was mir heute fehlt, wir hatten einen starken Sinn für die Gemeinschaft. Wir waren  Menschen in Uniform, wir teilten das Schicksal, in einem fremden Land zu sein, fern von den Lieben und in ständiger Gefahr! Wir wollen von der deutschen Bevölkerung anerkannt werden, wollen Wertschätzung erfahren, verhalten uns aber untereinander nicht gerade kameradschaftlich. Wie soll die Bevölkerung den Soldatenberuf wertschätzen und anerkennen, wenn sie fast überall lesen kann, wie Soldaten übereinander denken. Das persönlichen Belange, dem Grundsatz der Kameradschaft übergeordnet sind und Kameradschaft, dass hat uns mal ausgemacht. Für den anderen da zu sein, ihn zu stützen.

Das sollten wir wieder in den Vordergrund stellen und der Bevölkerung vermitteln. Wenn wir uns gegenseitig wertschätzen und anerkennen, dann fällt es vielleicht der Bevölkerung leichter, uns das entgegen zubringen. Als das wahrnehmen, was wir sind, Menschen, Bürger in Uniform, ein Querschnitt der Bevölkerung.

Wir sind Söhne, Töchter, Mütter, Väter, welche ihren Dienst für die Gesellschaft tun

Etwas mehr Miteinander und Füreinander wie der Begriff Kameradschaft es aussagt, würde vielleicht mehr Verständnis und Wertschätzung bewirken, in der öffentlichen Meinung. Statt die Diskussion welche wir übereinander führen, wer es mehr verdient hat, ein Veteran zu sein.

Foto: Roman Bracht aus dem Projekt 80mm

Kommentare 15
  • Sehr gut geschrieben Detlef. Kompliment es gibt nur wenige die die Situation in den Streitkräften so beschreiben und auf Tradition Wert legen. Gruß und danke für die ehrlichen und aufrichtigen Worte von Michael Kindgen

  • Hallo Detlef,

    vielen Dank für diese Worte.

    Es gibt Kameraden wie mich, die sich für eine Laufbahn entschieden haben, in der es sehr schwer ist Einsatzerfahrung zusammeln. Als Reserveoffizier hat man andere Einsätze, die Daheim, wenn kein anderer da ist. Ich hatte auch schon solche Einsätze und bei denen geht es vor Ort darum Familien zu beschützen.

    Leider gibt es wie du auch so schön beschrieben hast Kameraden, die aus mir einen Soldaten zweiter Klasse machen. Das sind sehr häufig Kameraden der Kampfeinheiten. Sie wollen mir absprechen sogar Soldat zusein und meinten schon, wenn ich mal vor ihnen stehe, sie keinen meiner Befehle befolgen würden.

    Mir tut sowas weh, weil ich mich ganz bewusst wie diese Laufbahn und ein Leben zwischen beiden Welten entschieden hab und alles dafür mache das Bild eines dt. Offiziers gerecht zu werden.

    Ich finde es aber auch komisch jetzt plötzlich als Veteran zu gelten.

    Deshalb trotzdem noch mal vielen lieben Dank für diese wahren Worte.

    • Hallo Detlef.
      Danke für diese Worte, die treffen den Nagel auf den Kopf.

      • Genau den Kern getroffen. man sollte zwischen Veteran und Combat-Veteran unterscheiden können.
        Jeder hat an seinem Platz den Auftrag für die Gemeinschaft kameradschaftlich erfüllt. Egal ob Sanitäter, Fernmelder, Radartechniker, Hubschraubermechaniker oder Pilot.

  • ?

  • Hallo Detlef,
    Du hast es gut beschrieben.
    Nur sollte man etwas die Anfänge der Diskusion über das Wort „Veteran“ nachgehen.
    Denn seit 2012 geht diese Diskussion schon. Damals hat ein Verteidigungsminister das Wort „Veteran“ an alle Einsatzsoldaten angewendet.
    Seit dem kämpften einige Veteranenverbände (Einsatzveteranen) dieses auch Gesellschaftsfähig zu machen und baten die Politik hier Ihre Einsätze zu würdigen und den Veteran Sichtbar zu machen.
    Leider wird durch die Definition genau das Gegenteil erzeugt und der Einsatzveteran wird leider immer noch unsichtbar bleiben und wird so seine Würdigung nicht erhalten, die er für seinen Einsatz mit eventuellen seinem Schweiß und Blut bezahlt hat, nicht bekommen.
    Hier sollte für die Zukunft noch einiges erarbeitet werden und ein Veteranenkonzept erarbeitet werden, wo dann auch die Veteranenverbände an den Tisch geladen werden, um gemeinsam die Interessen der Veteranen auszuarbeiten , damit sich niemand hier vernachlässigt fühlt. Und jeder seine Würdigung bekommt, die Ihm zusteht.
    MkG Christophe

  • Wahre Worte, denen ich mich nur anschließen kann!

  • Vielen Dank für diesen Artikel!
    Ich selbst war bei SFOR eingesetzt und als Luftfahrzeugtechniker und Verantwortlicher für die Waffenkammer eingepfercht im Feldlager! Ich denke ich habe meinen Teil geleistet auch wenn ich nicht außerhalb des Feldlagers eingesetzt wurde. 3 Monate Containerdorf ohne Jukuhuu sind, werden entsprechend lang und gehen ebenso aufs Gemüt.
    Trotzdem ist es für mich nicht diskutabel ob es durch Einsatzveteranen, Veteranen oder wie auch immer abgestuft ein wertigkeit dessen gibt was die Kameraden für einen Dienst in der Bundeswehr leisten. Alle haben ihren Teil dazu beigetragen egal in welcher Position!!!

    Mit kameradschaftlichen Grüßen
    Mario Kraft

  • Vielen Dank für diesen Brief.
    Besser hätte man nicht ausdrücken können was auch ich denke.
    Mit kameradschaftlichem Gruß
    SU

  • Sehr gut geschrieben! Veteran ist jeder Soldat der im Einsatz war. Und so sollte es auch sein.

  • Sehr gut geschrieben! Chapeau. Ich selber war auch im Einsatz (1999 KFOR). Es war ein nicht vergleichbarer Einsatz zu ISAF dennoch hatten auch wir unsere Belastungen. Ob „draußen“ in der Nacht in Prizren oder auch „drinnen“ in der Liegenschaft. Aber nun zurück zu dem Hauptthema. In meinen Augen ist auch ein Veteran der „normal“ gedient hat. Auch die Jungs haben für die Sicherheit und Stabilität unserer Demokratie beigetragen. Ich werde das Veteranenabzeichen mit Stolz und Ehrfurcht tragen. Allein zum Gedenken an unsere gefallenen Kameraden und die, die im Einsatz sind und für mich, als nicht mehr aktiver Soldat, für unser Land Dienst verrichten. MKG OFw d. R.

  • Ein wirklich sehr guter Kommentar zu diesem leidigen Thema!
    Ich selbst habe acht Jahre, zu Zeiten als es noch die Wehrpflicht gab, gedient. Zu dieser Zeit wurde der Begriff KAMERADSCHAFT ganz groß geschrieben. Einer stand für den anderen ein!
    Dabei spielte es absolut keine Rolle welcher Truppengattung er angehörte.
    Es war jedem klar, ohne den Anderen geht es nicht. Keine Kampfeinheit kann ohne die Unterstützung der Vorsorgung, Instandsetzung, Sanitäter, Küche usw. usw. kämpfen.
    Alle zusammen ergeben ein funktionierendes Uhrwerk. Fehlt ein Zahnrädchen, geht gar nichts mehr. Niemand ist wichtiger oder weniger wichtig!
    Anstatt sich darüber aufzuregen, was oder wer ein Veteran und welcher Veteran ist, sollte man sich eher stark dafür machen, dass die Kameraden und Kameradinnen, welche physische und/oder psychische Folgeschäden davongetragen haben endlich die angebrachte Hilfe zu Teil wird, und dies zügig. Dasselbe gilt auch für die Eltern, Familien und Angehörigen von Gefallenen Kameradinnen und Kameraden.
    Macht euch lieber stark dafür, dass ihr nicht, nach eurer Rückkehr aus den Einsatzgebieten in die Heimat, am Flughafen durch Seiteneingänge heimlich eingeschleust werdet, als wenn ihr Aussätzige seit.
    Ich bin mit Sicherheit kein Fan von Fr v.d.Leyen, aber mit ihrem „Veteranenerlass“ bin ich einverstanden, da jede Soldatin und jeder Soldat der Bundeswehr seinen Betrag leistet! Egal wo sie/er eingesetzt ist. Für alles andere gibt es Extraauszeichnungen (Einsatz-, Gefechtsabzeichen usw.).
    Ich selbst bin stolz auf meine achtjährige Bundeswehrzeit und ob man mich Ex-Soldat oder Veteran nennt ist mir herzlich egal, da ich mir dafür nicht einmal ein Brötchen kaufen kann. Das ich heute noch, dreißig Jahren nach meiner Dienstzeit, immer noch guten Kontakt zu meinen KAMERADEN habe, ist mir viel wichtiger. Und wir wissen wer und was wir sind…. Ex-Soldaten und immer noch Kameraden.
    Einmal Kamerad immer Kamerad!

    Horrido

  • Eine sehr gute Einschätzung, die ich unterstütze und teile. Prima, Kamerad Detlef!

  • Lieber Kamerad Detlef, klasse geschrieben, meiner Meinung genau auf den Punk! Wir alle bilden ein Ganzes! Die Kameradinnen und Kameraden mit Einsatzerfahrung haben meinen besonderen Respekt, und meine groesste Anerkennung. Ihnen lieber Kamerad alles erdenklich Gute. Mit herzlichem kameradschaftlichen Gruß, Thilo

  • Ich sage einfach nur Danke für deine Ausführung!

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