Das war der Plan. Es gibt sie wirklich die Unbelehrbaren. Dabei handelt es sich nicht um eine kreative Wortschöpfung unsererseits, sondern es ist eine real existierende Bewegung. Regelmäßig gehen die Unbelehrbaren auf die Straße und machen mit ihren Satire-Aktionen mobil gegen Nato und Bundeswehr. Als ziviler Anstoß einer Veteranenkultur interessieren uns natürlich die Beweggründe dahinter, die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede. Darum machten wir uns am 16.1.2020 auf den Weg zum Internationalen Soldatengottesdienst im Dom zu Köln, welcher vom Katholischen Militärdekanat Köln, unter der Leitung des Ltd. Militärdekan Monsignore Rainer Schnettker organisiert wurde. Wir wollten mit den Unbelehrbaren und anderen Aktivisten in den direkten Kontakt treten.
Unmögliches versuchen, um Mögliches zu erreichen
Es ist 8.00 Uhr in der früh, um den Kölner Dom herum pfeift wie üblich ein kalter Wind und die Sonne versteckt sich noch tief im Osten. Rund um den Dom ist eigentlich immer was los, aber heute unterscheidet sich die Szenerie deutlich von anderen Tagen. Männer mit Knopf im Ohr beobachten wachsam das Treiben. Vom Vorplatz strömen immer mehr Menschen Richtung Eingang. Man sieht Uniformen aus den verschiedenen Truppengattungen und Nationen. Langsam wird es voll, auch auf dem Roncalliplatz, dort stehen die Fahrzeuge der Gäste und am Römisch-Germanischen Museum wird gerade eine Verpflegungsstation aufgebaut. Dort gibt es später für jeden, den über die Grenzen der Bundeswehr hinaus beliebten Erbseneintopf und Kaffee satt. Ein Angebot worüber sich besonders die Obdachlosen freuen. Heute ist Weltfriedenstag und im Kölner Dom wird gleich der Internationale Soldatengottesdienst gefeiert.
Soldatengottesdienst – Veranstaltung, welche immer wieder zu Irritationen führt und regelmäßige Proteste hervorruft
Vor dem Hauptportal streifen schon die ersten Protestler auf und ab, mit Schilder, Fahnen und Flyer bewaffnet. Sie haben eine ganz klare Botschaft. Keinen Soldatengottesdienst zum Weltfriedenstag. Roman geht offen auf die Aktivistin der Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e. V. Gruppe Köln zu und sucht das Gespräch. „Sie sind für Frieden? „Wir sind für dieselbe Sache da, das ist doch ein guter Start! Nur unsere Perspektiven sind andere.“ und nach kurzer Zeit tauscht man die Emailadressen aus.
Sichtlich erstaunt halte ich weiter Ausschau nach den Unbelehrbaren, dem Ziel unserer heutigen Mission. Von einem Aktivisten erfahre ich, das sie heute nicht dabei sind und denke noch während wir den Dom betreten, „Echt Schade!“.
Im Dom ist es etwas wärmer und langsam füllen sich die Bänke. Es glitzert an vielen Stellen und Roman, als ehemaliger Soldat, erklärt mir geduldig die Dienstgrade. Der Gottesdienst beginnt und wird vom Orchester der Bundeswehr sehr würdevoll untermalt. Die Fürbitten der SoldatenInnen werden mehrsprachig vorgetragen und Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki betont die Wichtigkeit, Gott wieder zur Mitte unseres Lebens zu machen, den damit verbundenen Weg der Heilung zu gehen, um Frieden – auch mit unseren Mitmenschen zu ermöglichen. Nach dem Auszug und dem Ende der Messe verlassen wir den Dom und machen uns auf zu den Aktivisten. Mit jedem Schritt näher pocht mein Herz schneller. Auch die Friedensaktivisten, die dort heute gegen den Gottesdienst demonstrieren, haben ihre Mission.
Kritische Stimmen vor Ort – Sie sind gegen Aufrüstung, Krieg, Auslandseinsätze und Atomwaffen.
In mir tobt ein Zwiespalt. Auf der einen Seite, bin auch ich gegen Krieg und würde unsere Truppe lieber Zuhause sehen, als eine Armee die ihre Landesgrenzen und die Verfassung im Notfall verteidigt und humanitären Einsätzen dient. Auf der anderen Seite, missfällt mir die mitunter stark ablehnende Haltung, gegenüber den Mitbürgern in Uniform, die durch unser Parlament in die Einsätze geschickt werden. Langsam wird uns bewusst auf was wir uns eingelassen haben. Fragen wie: „Wie werden sie reagieren? Werden sie überhaupt mit uns sprechen? Sind sie offen für einen Dialog?“, beschäftigen uns.
Fragen, deren Antwort wir jetzt erhalten werden.
Wir mischen uns unter die Protestler und suchen das Gespräch. Ja der Erstkontakt fällt nicht leicht, aber trotz anfänglicher Skepsis tritt man uns erstaunlich offen gegenüber und wir kommen ins Gespräch. Für sie war es wohl auch das erste Mal. Wir reden ausführlich und jede Seite versucht ihren Standpunkt zu vermitteln. Wir betonen, wie wichtig eine von der Gesellschaft getragene Veteranenkultur ist und das wir diesen Diskurs unserer Demokratie, der Gesellschaft, aber besonders den Menschen schuldig sind. Zu unserer großen Freude, aber auch Überraschung, zeigt man sich interessiert und so werden weitere Gespräche ins Auge gefasst und eine erste Einladung, zu einem Treffen der Partei die Linke ausgesprochen, schon in diesem Monat geht es weiter.
Für uns ein Meilenstein. Seit dem wir das Projekt gegründet haben war es unser größter Wunsch, gerade die kritischen Stimmen zu hören und gemeinsam mit ihnen zu diskutieren, um einen Konsens zu finden.
Langsam lösen sich jetzt auch die Proteste nach dem Soldatengottesdienst auf und wir ziehen weiter zum Maternushaus, wo der traditionelle Empfang für geladene Gäste stattfindet. Gut, explizit eingeladen hat man uns jetzt nicht, aber die „Tore des Herrn“ stehen bekanntlich offen. Wir führen noch weitere interessante Gespräche mit den Anwesenden.
Ein Statement, das wir verfolgen werden!
In ihrer Rede betont die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln Henriette Reker, dass ihr erst nachdem sie sich mit jungen Einsatzrückkehrern aus Mali ausgetauscht hatte bewusst wurde, was diese Menschen in den Einsätzen leisten und unter welchen psychischen Belastungen sie im Auslandseinsatz stehen. Die Verdeutlichung der Leistungen der Einsatzsoldaten und einen offenen Dialog, habe sie sich als Ziel für dieses Jahr gesetzt.
Im Foyer treffen wir Oberstleutnant Frank Nowak, stellvertretender Bereichsvorsitzender WEST, der Gemeinschaft katholischer Soldaten. Wir erfahren in einem interessanten Gespräch, dass man sich den ethischen Fragen die der Beruf Soldat und Christ sein mit sich bringt dort stellt und sehr offen darüber diskutiert.
Unser Fazit für diesen Tag beim Soldatengottesdienst, manchmal kommt es anders als man denkt. Der Besuch bei den Unbelehrbaren blieb heute aus, aber die offene Haltung der anwesenden Protestler, auch die der Bundeswehr hat uns in unserer Einstellung bestärkt, dass man den Dialog suchen muss.
Wir freuen uns sehr auf die kommende Zeit!
Mittlerweile, zwei Jahre später haben wir bereits einen Kooperationsveranstaltung mit den kritischen Stimmen ausgeführt.
Ihr seid eine kritische Stimme und möchtet mit uns diskutieren schreibt eine Mail an: info@veteranenkultur.de
Es wäre schön wenn sich doe Unbelehrbaren auf minimalsten Konsens mit uns verständigen könnten, das die Bundeswehr auch Ihre Grundrechte nach aussen schützt und im Ernstfall verteidigt. Wunschdenken oder ein reales Ziel, die Entwicklung wird es zeigen.